Ein Abend mit Herrn Precht

Richard David Precht hat in Ravensburg aus seinem neuen Buch „Die Kunst kein Egoist zu sein“ gelesen. Hier ein paar persönliche Eindrücke des Abends:

Etwa eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung gibt es kaum noch Plätze mit guter Sicht. Das mag auch daran liegen, dass in dem historischen Raum zahlreiche große Holzpfosten die Decke stützen. Etwa eine Viertel Stunde vor Beginn erblicke ich Herrn Precht hinten im Raum. Während der Veranstalter vorne ein Clip-Mikrofon testet, gibt Precht dem Tontechniker Anweisungen. Letztendlich ist er nicht mit dem Sound zufrieden und schüttelt mit dem Kopf. Am Ende tritt er dann mit einem kabelgebundenen roten Mirko auf. Das Ganze erinnerte mich stark an ein Rockkonzert. Überhaupt ist Precht ja irgendwie momentan der massenkompatible Star unter den deutschen Autoren.

Kurz vor Beginn tragen zwei Studenten den Tisch, der für den Autoren zum Lesen aufgebaut wurde, von der Bühne. Er wird durch einen Barhocker ersetzt. Precht kommt pünktlich auf die Bühne und wirkt so wie man ihn aus zahlreichen Talkshows im Fernsehen kennt: bodenständig und sympathisch. Obwohl die Veranstaltung als Lesung angekündigt wurde, wird Precht kein einziges Mal sein neues Buch zur Hand nehmen. Das Ganze gleicht mehr einer Unterrichtsstunde in Philosophie und Sozialwissenschaften.

Richard David Precht hat diese gewisse Gabe, Menschen mitzureißen. Im Gegensatz zu vielen Lehrern wird man von seinen Worten gefesselt. Er interagiert mit dem Publikum, lässt abstimmen und spricht wie Einer von uns. Unglücklicher Weise sitzt im Gang neben mir ein kleiner Junge. Seine Eltern haben ihm Malsachen mitgebracht, aber irgendwie möchte der Kleine lieber ein bisschen im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen, als still vor sich hinzuzeichnen. So bin ich immer mal wieder abgelenkt.

Vielem, was an diesem Abend gesagt wird, stimmt ein Großteil des Publikums zu. Mich eingeschlossen. So richtig gut finde ich die Thesen, die in der abschließenden Fragerunde aufgestellt werden. Aber auch das Zitat von Curt Goetz „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“ gefällt mir. Ebenso wie Prechts Kommentar zu Frauenzeitschriften. „Es ist ein eigenartiger Mechanismus, den ich nicht verstehe. Frauen kaufen sich Zeitschriften, in denen Frauen abgebildet sind, die auch aufgrund der Nachbearbeitung am Computer, sehr viel hübscher als sie selbst aussehen und gucken sich das täglich an. Männer würden so etwas nie machen.“


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