Incubus: If not now, when?

Sie sind einer der wenigen Bands, die nicht stillstehen. Vom funkig-ekstatischen Crossover und krachendem Alternative Rock verabschieden sich Incubus auf ihrem aktuellen Album endgültig. „If not now, when?“ ist die logische Weiterentwicklung zu „Light Grenades“ und wird trotzdem so manchen Fan an seine Toleranz-Grenze bringen. Denn die elf neuen Songs vereint vor allem ein Wort: Pop.

Schon die ersten Takte auf „If not now, when?“ machen deutlich, wo die Reise hingeht: In seichte Gefilde mit eingängigen Melodien, Streichern, Glockenspielen und sanften Gitarren. Was sich schon auf „Light Grenades“ mit Songs wie „Love hurts“ und „Dig“ andeutete, wird jetzt noch einmal vertieft. Vielleicht liegt es daran, dass Gitarrist Mike Einziger in der Band-Auszeit Komposition studierte. Vielleicht aber mussten Incubus auch erst ein wenig in die Jahre kommen, um ihrem Pop-Appeal schamlos freien Lauf zu lassen. Denn eine hohe Affinität zu poopigen Melodien hatte diese Band ja schon immer.

Incubus gehören unbestreitbar zu den versiertesten Bands im Rockbereich. Und das hört man auch auf „If not now, when?“ immer wieder heraus. Hier treffen drei hervorragende Instrumentalisten auf einen DJ und einen Sänger von Weltklasseformat. Kein Wunder also, dass die Kalifornier auch das Abenteuer Pop gewohnt souverän meistern. Rein technisch kann man gegen „If not now, when?“ nichts sagen. Ganz im Gegenteil, den Frontmann Brandon Boyd hebt zu neuen Höhenflügen ab während der Rest der Band einen mehr als passablen Begleitsound dazu liefert. Aber an manchen Stellen fehlt den Songs ein wenig die von Incubus sonst gewohnte Tiefe.

Lieder wie „Isadore“, „Defiance“ und „Friends and lovers“ bestechen durch ihre kompromisslos offen gelegte Pop-Identität, die mit „Promises, promises“, einem wahren Diamanten, ihren wohlklingenden Höhepunkt findet. Und trotzdem gibt es bei all den Streichern, soften Popmelodien und seichten Gitarrenspuren auf der neuen Platte Momente, in denen man hört, woher Incubus ursprünglich  kommen. Denn ganz können die fünf Kalifornier ihre Wurzeln dann doch nicht verleugnen. In „Thieves“ hört man die alten Gitarren-Effekte und den bislang immer sehr prägnanten Bass, auch wenn Strophe und Bridge mit Streichern und Zupf-Passagen eindeutig aus dem bisherigen Terrain ausbrechen. Das siebeneinhalb-minütige und düster-progressive „In the company of wolves“ oder das von Funk und Sprechgesang nach vorne getriebene „Switchblade“ vereinen gekonnt alle Stärken der Band. Und „Adolescents“ ist vermutlich der Song, den man von Incubus erwartet.

Fazit: „If not now, when?“ ist das massenkompatibelste Incubus Album. Erstklassige Pop-Perlen und einige wenige Ausflüge in die rockigeren Gefilden zeichnen das Bild einer Band, die nicht still steht. Incubus haben den Mut ihren Pop-Appeal auszuleben und sich auf musikalisch höchstem Niveau weiterzuentwickeln. Doch an manchen Stellen fehlt es der neuen Platte ein wenig an Spannung und Tiefgang.

An dieser Stelle sei im Übrigen noch auf die großartige tape.tv auf den Dächern Session der Band hingeweisen, die ihr hier anschauen könnt müsst!


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