Flo Mega im Interview (Part I)

 

Foto: Robert Winter

Flo Mega versteht es wie kein Zweiter Soul und deutsche Sprache zu versöhnen. Kein Wunder, dass die Karriere des Bremers nach der Teilnahme am Raabschen Bundesvisions Songcontest richtig an Fahrt gewonnen hat. Im ersten Teil des Interviews mit Watte pusten sprach Flo Mega über erwachsenen Hip Hop, seine erste Begegnung mit den Ruffcats und Wut als Antrieb. Wer lieber lauscht als liest, kann sich das Ganze hier anhören:

Audio MP3

Du hast schon eine recht ausgiebige Deutschlandtour hinter dir. Was ist das für ein Gefühl, heute erst einmal zum letzten Mal auf die Bühne raus zu gehen?
Flo Mega: Ich spiele morgen schon wieder eine Show, aber ohne Backgroundsänger. Momentan reicht es. Es ist ein geiles Gefühl, wenn man merkt, dass man ein bisschen angeranzt ist, aber das geht dann wirklich nur noch um den Moment.

Wie kriegst du es dann hin, dass du auf der Bühne auf den Punkt wieder voll da bist?
Flo Mega: Durch dieses geranzte Feeling… ich kann es nicht beschreiben. Das Leben wird so auf den Moment auf der Bühne konzentriert, dass das restliche Leben total schwer wird. Im Moment jedenfalls bei mir. Aber auf der Bühne geht’s, egal wie ich drauf bin.

Ursprünglich kommst du aus der Hip Hop Szene, machst jetzt aber Soul. Was hat dich an dieser Musik, die ursprünglich schwarz ist, fasziniert? Wie bist du dazu gekommen?
Flo Mega: Ich habe mich viel mit Rassismus und Ungerechtigkeit befasst. Ich habe es auch als Kind nicht leicht gehabt in der sozialen Findung. Und ich fühle mich da verbunden irgendwie. Unterdrückte Liebe, Ungerechtigkeit und Wut auszudrücken. Wobei ich das in meiner Musik nur durch den Ausdruck mache, durch den Beat und die Stimme. Hit a drum and get wicked. Ich spreche nicht über Hautfarben, generell nicht. Ich kann das nicht gut beschreiben… Ich habe irgendwann ein System gefunden wie ich überlege, und das ist das. Ich bin halt sehr, sehr wütend all die Jahre gewesen.

Ist dein Weg, dass du das durch die Musik rauslassen und verarbeiten kannst?
Flo Mega: Ja, und eben Emotionen jeglicher Art. Aber mein Grundantrieb früher war das Bewusstsein über Ungerechtigkeit und unerfüllte Liebe.

Die Hip Hop Szene, aus der du kommst, hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. Du hast mal gesagt, dass du nur noch erwachsenen Hip Hop hörst. Wer macht denn erwachsenen Hip Hop? Sind nicht viele der alten Rapper inzwischen geswitched und machen genau wie du etwas ganz anderes?
Flo Mega: Ja, ich weiß auch nicht, wie ich mir das erklären kann. Es gibt durchs Netz so viele News. Früher gab es eine neue Scheibe oder ein paar und dann hat man sich die reingepfiffen und die studiert wie blöd. Und jetzt hast du jeden Tag neue Sachen auf Okayplayer oder anderen Seiten. Erwachsener Hip Hop ist für mich, wenn die Sachen sagen, mit denen man etwas anfangen kann.

Foto: Robert Winter

Es geht also viel um Texte?
Flo Mega: Ja klar. Aber auch um Attitude, In der Musik, in der Soundwahl, in der Art wie man etwas designt. Das muss eine Reife haben.

Muss man dafür alt sein oder kann man das auch mit 20 machen?
Flo Mega: Nö. Muss nicht, es gibt auch junge Leute, die das machen. Ich stehe halt nicht auf diese Durchdrehmucke, das ist mir zu einfach. Ich persönlich mag Sachen, von denen ich etwas mitnehmen kann. Hip Hop ist sehr facettenreich. Ich höre auch nicht viel, aber wenn höre ich halt zu. Man hat halt seine Jahre auf dem Buckel und dementsprechend resigniert man in den Sachen, wo es nötig ist. Resignieren ist nicht immer etwas Schlechtes. Ist ja auch notwendig manchmal.

Der Weg vom Sample zur handgemachten Musik ist ja nicht unbedingt ein logischer oder ein zwangsläufiger. Was hat dich auf die Idee gebracht, den Computer links liegen zu lassen und dir eine Band zu suchen?
Flo Mega: Es war mir halt zu passiv irgendetwas zu basteln und dann mit so einem falschen Gefühl rauszugehen, dass man live sei oder real, wie man ja oft sagt. Ich habe auch gemerkt, dass ich im Hip Hop nie richtig real werden kann. Weil ich zu quirlig bin und mich dazu bekenne das klassische Show-Business zu fahren. Ich war halt an einem gewissen Punkt in meinem Leben ehrlich zu mir selbst und habe gesagt: Die Ideale sind alle cool, aber ich brauche etwas anderes.

Gab es da ein Schlüsselerlebnis oder hat sich das schleichend entwickelt?
Flo Mega: Schleichend auch. Ich habe immer schon auf Blues-Sessions mitgejammt und habe schon immer in allen möglichen Bereichen mich bewegt. Hip Hop war die feste Basis. Ich habe irgendwann 2006 die Band kennengelernt über eine Freundin, die mit dem Drummer zusammen war. Die hat Sachen von mir rumgezeigt und die fanden das gut und dann haben wir uns getroffen. Ich hatte halt was Neues für die und habe sie dann zur Jam-Session nach Bremen eingeladen. Habe eine Hip Hop Veranstaltung gemacht mit mir als Hauptact mit Live Band um den Leuten zu zeigen, dass ich jetzt weitergehe.

Es war also schon ein Schlüsselerlebnis, dass die Band gleich passte. Du musstest nicht suchen, sondern die Band war da.
Flo Mega: Genau. Ich habe früher schon mit Äl Jawala aus Freiburg und mit den Pentatones Musik gemacht, da war ich Rapper und Sänger. Mit den Ruffcats war es so, dass ich gesagt habe, spielt man den Beat und den haben die gespielt und meine Jungs in Bremen so: „Öh.“ Und das habe ich einfach genossen, dass sie sehen können, dass ihre passive Welt nicht alles ist. Mich hat es halt genervt, dass zu viel gelabert wird, zu wenig Action passiert ist. Und ich habe mich halt auf das versteift, was ich kann. Ich konnte nicht so gut schreiben, aber rappen. Ich habe den Leuten halt damit gezeigt, bei mir geht’s jetzt so und so weiter. Ich wollte zeigen, dass mit dem, dass die machen, mehr geht. Auslöser war auch eine Trennung von einer Frau. Jetzt einen Weg zu gehen und Action reinzugehen.

Teil zwei des Interviews lest ihr hier.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Eine Antwort zu „Flo Mega im Interview (Part I)“

  1. […] Vielen Dank für das Interview! (Den ersten Teil gibt es hier.) […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*