Casper: Xoxo

Es gibt wohl kaum einen Künstler über den in den vergangenen Wochen so viel geschrieben wurde, wie über Casper. Mit „Xoxo“ hat der aus Bielefeld stammende Rapper jetzt sein lang ersehntes zweites Album veröffentlicht. Und das klingt wahlweise depressiv, elektrisch, straight oder emotional. Niemals jedoch hip, poserhaft oder aggro.

Die Eröffnungstakte auf „Der Druck steigt“ zeigen schon, wo es lang geht. Selten hat Hip Hop so sehr nach Rock geklungen. Ein wahrlich druckvolles Schlagzeug bildet das Grundgerüst für Caspers ersten Track, der richtig in die Fresse geht. Doch auch wenn viel und ausgiebig darüber geschrieben wurde: Den Hardcore-Background hört man bei Casper nicht überall und ständig heraus. Oft klingen seine Tracks vor allem nach Elektro („Blut sehen“ oder „So perfekt“) und Indie („Die letzte Gang der Stadt“ oder „Lilablau“), selten nach straightem Rock.

Lieder wie „Auf und davon“, „Das Grizzly Lied“, „Xoxo“ und „Michael X“ machen „Xoxo“ so einzigartig. Für seine emotionalen Texte über Freiheit, Familie, Depression und Tod wird Casper schon seit seinem Debüt als Emo-Rapper belächelt. Dabei ist „Xoxo“ vor allem durch diese starken Texte, wenn auch teils mit einem etwas eigenartig überdeutlichem Flow gerappt, ein besonderes Album. „Papa sagte: ‚Sohn, nimm mein Gewehr. Mal bist du der Jäger, mal bist du der Bär. Nur wenn, du Bär sein musst um Gottes Willen, dann kämpf!“, lautet einer der stärksten Refrains auf „Xoxo“ („Das Grizzly Lied“). Hinzu kommt die heute eher ungewöhnliche akustische Grundlage seiner Songs. Zwischen Keyboard-Gefrickel findet sich auch immer wieder ein Klavier, eine aktustische Gitarre oder treffen elektrische Beats auf ein Drumset.

Fazit: Ob Casper mit „Xoxo“ nun wirklich den deutschen Hip Hop gerettet hat, sei einmal dahin gestellt. Nichts desto trotz hat er mit seinem Zweitling die hohen Erwartungen übertroffen und eine Platte geschaffen, die textlich wie musikalisch ein Abbild ihrer Zeit und ihr zugleich voraus ist.


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